Es war einmal Leo Lionnis Maus Frederick, die den Sommer über farbensammelnd chillte, während die anderen Mäuse Vorräte für den bevorstehenden Winter anlegten.
Als die kalte Jahreshälfte hereinbrach, lungerte die Mäusesippe physisch satt, doch psychisch depressiv herum, womit Fredericks Stunde schlagen sollte: Im Austausch gegen einen Teil der Vorräte entführte er seine Mitmäuse mit den Farben seines Sommers aus der Tristesse der grauen Wintertage – und realisierte damit ökonomisch betrachtet eine klassische „Win-win-Situation“.
Diese beliebte Parabel bietet darüber hinaus zugegebenermaßen unglaublich viel Interpretationsspielraum, doch bleiben wir mal bei zwei Grundgedanken: zum einen dem Prozeß des Gebens und Nehmens, der hier zweiseitig verläuft (Frederick gibt seine Farben und bekommt dafür einen Teil der Vorräte, die restlichen Mäuse geben einen Teil ihrer Vorräte und bekommen Fredericks Farben) und daher „tauschen“ heißt; zum anderen dem -idealerweise beidseitig- positiven Nutzen des Tauschens. Beide Gedanken finden wir überall in unserem Alltag wieder, weswegen sie wenig besonders erscheinen, doch es gibt durchaus kuriose und gruppenstundentaugliche Ausformungen: So stolperten mein Bruder und ich in Warschau über ein Café, in dem man jederzeit mitgebrachte Bücher gegen solche aus den dort vorhandenen und wohlgefüllten Regalen tauschen konnte.
Doch soweit muss man gar nicht reisen, findet sich eine ähnliche, sogar noch breiter angelegte Institution am Würzburger Hauptbahnhof, wo in einem Umsonstladen der Name Programm ist: Alles Brauchbare wird angenommen und im Gegenzug kann man kostenlos aus dem breiten Sortiment mitnehmen, was man brauchen kann.
Aber kommen wir zum Gruppenstundentauglichen: Man nehme ein Ei pro Kind und ein bis zwei Stunden für Klingeln und Tauschen an den nachbarschaftlichen Haustüren. Das Ergebnis wird ein zumindest buntes Mahl sein und ist auch der ein oder andere Frederick in der Gruppe, der erwatungsgemäß nicht einmal Farben mitbringt und selbst sein Ei verloren haben wird, so bleibt einem zumindest die Parabel…